Letztes Jahr habe ich mehr oder weniger zufällig ein kleines Insektenhotel aus einer Behindertenwerkstatt gekauft. Deren Vertriebler wünscht sich so manches große Unternehmen!
Es besteht aus einem unlackierten Holzklotz von etwas 7cm Kantenlänge und 25cm Höhe mit einem kleinen "Dach" oben dran. In eine Seite des Klotzes sind in einem hübschen Muster Löcher mit Durchmessern von 2mm, 4mm, 6mm und 8mm ca 5cm tief gebohrt.
Kaum hatte ich das Hotel auf den gerade angebauten Balkon gestellt, waren die kleinsten Löcher (ca. 2mm) auch schon komplett belegt. Keiner von uns hatte gesehen wer da eingezogen war und auch beim Auszug haben wir niemanden erwischt.
Dieses Jahr verbringen wir wegen Corona natürlich mehr Zeit auf dem Balkon - und wir haben größere Gäste. Karfreitag und Ostersamstag ist die erste gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) in 2 Zimmer eingezogen. Lustigerweise hat sie sich ein 6mm und ein 8mm Zimmer ausgesucht. Sie kommt immer am späten Nachmittag/frühen Abend (ca. um 17:00 - 18:00) und untersucht als erstes gründlich alle Zimmer. Leider sind diese nicht alle sauber gebohrt- viele haben innen noch Splitter. Wenn sie ein gutes gefunden hat, bringt sie mehrere Portionen Pollen als Futter. Den Pollen transportiert sie in den Haaren an ihrem Bauch. Wenn sie genug Futter gebracht hat, geht sie rückwärts in das Loch um ein Ei zu legen. Dann bringt sie mehrere Portionen Erde um die erste Brutkammer zu verschließen. Die Erde scheint sie mit dem Mund zu transportieren - vielleicht hält sie sie auch noch zusätzlichmit den vorderen Beinchen fest. Dann geht das Spiel von vorne los, bis das Loch "voll" ist. Jeden Tag füllt eine Osmia ein Loch (wobei es natürlich schwierig ist herauszufinden ob dieselbe Biene am nächsten Tag wiederkommt...)
Nach Ostern war nicht so warmes, sonniges Wetter und keine weiteren Zimmer wurden bezogen. Erst am Donnerstag nach Ostern kamen bei 20°C und Sonne 2 Mauerbienen vorbei, um sich weitere Zimmer anzusehen. Eine ist auch in ein 6mm Loch eingezogen. Diese Biene war vermutlich nicht dieselbe wie die, die an Ostern eingezogen war - sie hat nämlich viel dunklere Erde zum Verschließen der Kammer benutzt.
In diesen Kammern entwickeln sich in den nächsten Wochen junge Wildbienen, die dann als ausgewachsene Tiere erst im nächsten Frühling aus den Nestern kommen (und sofort selbst mit Paarung und Fortpflanzung anfangen).
Ich bin gespannt, wie viele Mauerbienen in den nächsten Wochen noch vorbeikommen. Die gehörnten Mauerbienen schlüpfen je nach Temperatur Ende Februar bis Mitte März (die Männchen etwas vor den Weibchen). Dann müssen sie erstmal etwas fressen und kümmern sich von Anfang bis Mitte April bis ca. Mitte Mai um Nachwuchs. Dann sterben die Tiere dieses Jahres und vertrauen darauf, dass im nächsten Jahr ihre Kinder schlüpfen. Sie haben also nur 4-6 Wochen "aktive" Lebenszeit.
Wer eine Brutkammer im Querschnitt sehen und insgesamt mehr über gehörnte Mauerbienen erfahren möchte, dem sei dieser Link zu "Wildbienen-Info" empfohlen.
Es ist gar nicht so einfach, die flinken Flieger zu fotografieren! Nach einigen Tagen ist mir aber klar geworden, dass es vermutlich immer dieselben 2 Bienen sind, die mein Hotel buchen. Also haben ich ihnen auch Namen gegeben.